Geschichte der Forschungsstelle
Der Hamburger Germanist Walter A. Berendsohn, der seit 1933 selbst zuerst im dänischen, dann im schwedischen Exil war, organisierte 1969 in Stockholm ein erstes Symposium zur deutschen Exil-Literatur, auf dem die Einrichtung von Forschungsstellen in jedem der teilnehmenden Länder und einer zentralen Koordinationsstelle für die Erforschung der deutschen Exilliteratur in Stockholm angeregt wurde. Die international einzurichtenden Forschungsstellen, so formulierte Berendsohn 1969 die dringlichsten Desiderate der Exilforschung, sollen zunächst „Grundforschung“ betreiben, also alle erreichbaren Quellenmaterialien zu möglichst jedem Exilierten sammeln. Neben dem Leiter der Sammlung Exilliteratur in der Deutschen Bibliothek Frankfurt, Werner Berthold, und dem Publizisten und Wissenschaftler Alfred Kantorowicz war auch der Hamburger Germanist Hans Wolffheim anwesend, auf dessen Initiative 1970/71 die Hamburger Arbeitsstelle für deutsche Exilliteratur am Literaturwissenschaftlichen Seminar der Universität Hamburg gegründet wurde.
Schon das nächste Symposium in Kopenhagen beschäftigte sich mit der Frage, wie das gesammelte Material nicht nur zu ordnen und archivieren, sondern auch wissenschaftlich zu beforschen sei. Die Hamburger Arbeitsstelle für Exilforschung indes verschrieb sich in den ersten Jahren vor allem der Sammlung und Aufbereitung von Material: Seit 1977 arbeitet die Forschungsstelle mit der P. Walter Jacob Stiftung zusammen, beherbergt und bearbeitet im P. Walter Jacob Archiv den umfangreichen Nachlass des Namensgebers. Die dort archivierten Zeitungsausschnitte und Quellen ermöglichten die Erstellung von Biographien exilierter Künstler und Künstlerinnen. Darüberhinaus hat die Forschungsstelle verschiedene kleinere (Teil-)Nachlässe und Sammlungen erworben, die ebenfalls zugänglich gemacht wurden. Ein Ergebnis dieser langjährigen Arbeit ist das im Rahmen eines DFG-Projekts entstandene Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933-1945 (2 Bde. in drei Teilen, 1999 bei K. G. Saur erschienen) sowie verschiedene Ausstellungen, Vorträge und Tagungen. 2001 erfolgte die feierliche Umbenennung der Arbeitsstelle in Walter A. Berendsohn Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur.
Hans Wolffheim leitete die Arbeitsstelle bis 1973. Von 1976 bis 1981 war Hans-Albert Walter Leiter der Forschungsstelle und von 1984 bis 2008 Frithjof Trapp. Zwischenzeitlich hatten u. a. Jan Hans, Lutz Winckler, Klaus Briegleb und Henrike Walter die kommissarische Leitung inne.
2011 übernahm Doerte Bischoff die Leitung der Forschungsstelle. Mit ihrer Berufung wird ein Schwerpunkt vor allem auf die wissenschaftliche Beforschung des literarischen Exils gelegt, die versucht, sich neue Grundlagen und Paradigmen für eine zukünftige Exilforschung zu bestimmen.