Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch
Das 1983 begründete Jahrbuch Exilforschung wird im Auftrag der Gesellschaft für Exilforschung e.V. von Bettina Bannasch, Doerte Bischoff sowie Burcu Dogramaci herausgegeben und erschien bis Band 36 (2018) bei edition text+kritik. Ab Band 37 (2019) erscheint das Jahrbuch im Verlag De Gruyter. Die einzelnen Bände werden jeweils von wechselnden Bandherausgeber*innen verantwortet. Hier sind nur diejenigen Bände angegeben, die von Mitarbeiter*innen der Forschungsstelle (mit)herausgegeben wurden.
- Band 1-36 bei edition text+kritik (Gesellschaft für Exilforschung)
- Bde. 1 bis 36 als eBook-Paket bei De Gruyter (Verlagsflyer)
- Band 37 und folgende bei De Gruyter (Verlagsseite)
Band 39 (2021): Mensch und Tier in Reflexionen des Exils
Hrsg. v. Ursula Seeber, Veronika Zwerger, Doerte Bischoff u. Carla Swiderski
Im 20. Jahrhundert wird die Grenze zwischen Mensch und Tier, die Konzepte von Kultur und Gesellschaft wesentlich strukturiert, vielfach in Frage gestellt. Totalitäre Herrschaft, rassistische Ausgrenzung und Genozid ordnen Zugehörigkeiten neu. Die gewaltsame Neuordnung richtet sich nicht nur auf Völker und Nationen, sondern auch auf die Zugehörigkeit zur menschlichen Gemeinschaft. Die von den Akteuren verübte Gewalt wird daher als alle Grenzen des Humanen überschreitende wahrgenommen. Zugleich bilden viele Verfolgte auf der Flucht oder in der Fremde trostspendende Allianzen mit Tieren. Das komplexe Verhältnis fächert sich weiter auf und tendiert in die Extreme: Sowohl entschiedene Abgrenzung als auch grenzüberschreitende Solidarität kennzeichnen das multidimensionale Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Tier in Bedrohungssituationen. Der Band bringt erstmals Perspektiven der interdisziplinären Human-Animal-Studies in die Exilforschung ein. Die hier versammelten Beiträge gehen überwiegend auf Präsentationen bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Exilforschung 2020 zurück. Sie reflektieren historische, filmische, literarische wie künstlerische Konstellationen von Mensch-Tier-Verhältnissen im Horizont von Verfolgung, Flucht und Exil.
Band 37 (2019): Archive und Museen des Exils
Hrsg. v. Sylvia Asmus, Doerte Bischoff u. Burcu Dogramaci
Exil, Flucht und Migration sind meist mit grenzüberschreitenden Ortsveränderungen verbunden, die mehr als einen Staat betreffen. Die Zerstreuung der Hinterlassenschaften der Emigrant/innen und die Rekonstruktion von Exilwegen und -leben stellt die Forschung vor große Herausforderungen. In diesem Kontext haben Archive, Museen und Erinnerungsorte eine besondere Bedeutung. Der interdisziplinäre Band versammelt theoriegeleitete Beiträge, Fallbeispiele sowie Überlegungen zur Gegenwart und Zukunft digital vernetzter Archive.
Band 36 (2018): Ausgeschlossen. Staatsbürgerschaft, Staatenlosigkeit und Exil
Hrsg. v. Doerte Bischoff u. Miriam Rürup
In beiden Weltkriegen wurden Geflüchtete als ‚Enemy Aliens‘ interniert, massenhaft wurden Menschen zu staatenlosen Exilanten: Im Fokus des Bandes stehen die prekären Ränder und Aporien klassischer Konzepte von Staatsbürgerschaft.
In einer politischen Ordnung, in der Nationalität zum zentralen Identifizierungsmerkmal geworden ist, entscheidet die nachweisbare Zugehörigkeit zu einer nationalen Gemeinschaft zunehmend darüber, wer Schutz genießt oder wer von Verfolgung bedroht ist. Massenhaft wurde Menschen ihre Staatsangehörigkeit aberkannt, doch blieben Pässe von Ausgebürgerten wichtige Identifikationsdokumente, die Ausreise und Asyl ebenso ermöglichen wie verwehren konnten. So bezeichnete Hannah Arendt, die selbst als ‚feindliche Ausländerin‘ in einem französischen Lager interniert und insgesamt 14 Jahre lang staatenlos war, in dieser Zeit Pässe und Geburtsurkunden als „das soziale Mordinstrument [...], mit dem man Menschen ohne Blutvergießen umbringen kann.“ Und sie sollte Recht behalten, denn längst nicht allen gelang es, anderswo Asyl zu finden und eine neue Staatsbürgerschaft zu erhalten.
Band 32 (2014): Sprache(n) im Exil
Hrsg. v. Doerte Bischoff, Christoph Gabriel u. Esther Kilchmann
„Aus einem Land kann man auswandern, aus der Muttersprache nicht“ – mit diesen Worten behauptet Schalom Ben-Chorin, der 1935 als Fritz Rosenthal aus Deutschland nach Palästina emigrierte, den Anspruch auf kulturelle Zugehörigkeit jenseits staatlicher Machtansprüche und territorialer Grenzziehungen. Traditionelle Vorstellungen von sprachlicher Verwurzelung und einer zwingenden Verbindung von Sprache und Nation werden hier infrage gestellt. Das Exil verändert jedoch nicht nur Einstellungen zur Herkunftssprache, sondern erzwingt auch eine existenzielle Auseinandersetzung mit fremden Sprachen. Sprachpraxis und -denken Vertriebener reflektieren auf vielfältige Weise Prozesse von Sprachwechsel, (Selbst-)Übersetzung, Sprachmischung, Sprachverlust oder -bewahrung. Die Beiträge des Bandes erkunden, auf welche Weise das Exil „in fremden Sprachen“ Einstellungen gegenüber einzelnen Sprachen, aber auch gegenüber Fragen von Ein- und Mehrsprachigkeit auf spezifische Weise prägt und verändert. In Bezug auf neuere linguistische Untersuchungen sowie aktuelle kulturwissenschaftliche Forschungen werden Dokumente und literarische Zeugnisse des Exils neu gelesen. Manche Textzeugnisse, die bisher nicht beachtet wurden, kommen so erstmals in den Blick. Zugleich leisten die Beiträge in ihrer Fokussierung auf die Bedeutung von Sprache(n) unter den spezifischen Bedingungen des Exils auch einen Beitrag zur Ausdifferenzierung linguistischer und kulturwissenschaftlicher Forschungen zu Sprachwechsel und Mehrsprachigkeit sowie zum vielfältig ideologisierten Konzept der Muttersprache.
Band 31 (2013): Dinge des Exils
Hrsg. v. Doerte Bischoff und Joachim Schlör
Mit den „Dingen des Exils“ stehen Gegenstände im Zentrum der Aufmerksamkeit, die Flüchtlinge mitnehmen konnten oder zurücklassen mussten, Gegenstände, in denen sich Erinnerungen an die verlorenen Heimaten, an das Herausgerissensein und Unterwegssein, aber auch an das Ankommen und an die Erfahrung differenter Bedeutungszuschreibungen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten symbolisch verdichten. Koffer und Pässe sind dafür nur die prominentesten Beispiele. Indem das historische Exil 1933-1945 zunehmend Gegenstand von Musealisierung und Archivierung wird, gewinnen auch die Dinge des Exils als Zeugnisse und Erinnerungsträger eine neue Aufmerksamkeit. Zugleich konfrontiert das für die Exilsituation charakteristische Fremdwerden der Dinge in besonderer Weise mit der Bedeutung materieller Kultur für Identitäts- und Alteritätsvorstellungen, die hier – im Horizont des „material turn“ – interdisziplinär aus literaturwissenschaftlichen, historischen, kunst- bzw. musikwissenschaftlichen und archivwissenschaftlichen Perspektiven erkundet wird.