Reihe „Europa in Israel“
M. Y. Ben-Gavriêl: Jerusalem wird verkauft oder Gold auf der Straße. Hrsg. und mit einem Nachwort von Sebastian Schirrmeister. Wuppertal: Arco 2016 (= Europa in Israel I)
September 1916: Im k.u.k. Lazarett kuriert der Soldat Dan schwere Frontverletzungen aus – dann warten neue Heldentaten. Sein Marschbefehl lautet: Jerusalem. Auf seinem Weg liegt Konstantinopel, voller Huren und Operettenuniformen, heißes Pflaster, Drehscheibe krummer Geschäfte zwischen Europa und Asien. Die k.u.k. Sanitätsmission in Jerusalem verheißt dagegen eine Oase des Friedens, und die österreichischen Soldaten werden hier zu Kriegsgewinnlern, halten sinnlose Paraden ab oder huren herum. Dann aber sehen sie sich auch dort dem »Antlitz des Krieges« gegenüber, der »Ausgeburt des Wahnsinns«. Ohnmächtig erleben sie die »Verbrechen des türkischen Krieges«: »geschlachtete Armenier«, brutale Gewalt gegen Araber und Juden, Folter, die in den Straßen Jerusalems verhungernden Zivilisten. Die ferne Heimat aber ist um keinen Deut besser: »Europa ist der Wahnsinn, Europa ist der Mord«. Um 1940 entstanden, ist dieser Schlüsselroman eines Augenzeugen über den Ersten Weltkrieg im Nahen Osten eine fesselnde Parallellektüre zu den Büchern von T. E. »Lawrence von Arabien«.
Das deutsche Manuskript des Romans entstand Anfang der 1940er und befindet sich im Nachlass von M. Y. Ben-Gavriêl (Eugen Hoeflich) im Archiv der National Library of Israel. 1946 erschien der Roman in der hebräische Übersetzung von Avigdor Hameiri.
Rezensionen und Besprechungen:
- Rezension von Ingo Way in der Jüdischen Allgemeinen vom 17. März 2016
- Rezension von Hans-Joachim Hahn im Yearbook for European Jewish Literature Studies 2016
- Besprechung von Stefan May in der Sendung „Ex Libris“ beim Kultursender Ö1 des ORF am 29. Mai 2016
- Besprechung von Christoph Schmälzle in der Sendung „Forum Buch“ beim SWR2 am 5. Juni 2016
- Besprechung von Stefan May in der Sendung „Aus der jüdischen Welt“ bei Deutschlandradio Kultur am 17. Juni 2016
- Rezension von Jakob Hessing in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28. Juli 2016
- Rezension von Rolf Brockschmidt in Der Tagesspiegel vom 31. Juli 2016
- Rezension von Peter Bollag in der NZZ vom 1. September 2016
- Rezension von Galina Hristeva in literaturkritik.de 18,12 (Dezember 2016)
Manfred Winkler: Haschen nach Wind. Die Gedichte. Hrsg. v. Monica Tempian und Hans-Jürgen Schrader. Wuppertal: Arco 2018 (= Europa in Israel II)
Aus Czernowitz verschlug es in einem blutigen Jahrhundert jüdische Dichter, die heute berühmt sind und einen Mythos um ihren Geburtsort entfachten: darunter Paul Celan und Rose Ausländer, Aharon Appelfeld, Itzig Manger und Selma Meerbaum-Eisinger. Seltsam genug, daß mit Manfred Winkler einer der überragenden Dichter dieser Herkunft im deutschen Sprachraum – dem er in Rumänien und dann in Israel gegen alle Widerstände die Treue hielt – noch wenig bekannt ist.
Winklers Lyrik schöpft aus Spannungen: »Das Paradox und der Glaube gehören zur Grundlage meines Dichtens und meines Lebens. […] Licht und Dunkel, Tag und Nacht, Zeit und Ewigkeit – das klingt mir wie Akkorde und Rhythmen, diese seltsam bildschaffenden Wortklänge. Manchmal ziehen sie mich in die Tiefe, ich kämpfe mich mithilfe meiner Verszeilen wieder nach oben, sogar himmelwärts – und falle ebenso oft wieder auf die Erde«. Winklers Verse sind Ausdruck sprunghafter Phantasie im unruhigen Suchen nach Orientierung. Sie rufen die biblische Stadt Jerusalem mit ihren Tempelruinen und mythischen Mauern wach, die Landschaften der Wüste, Oasen am Toten Meer. Landschaftsmotive und Klänge entsteigen auch der zerstörten Welt seiner Kindheit vor der Shoah. In der Chiffrierung seiner wortmächtigen Sprachschöpfungen zeigt sich eine Nähe zu anderen Dichtern der Bukowina, so zu Alfred Margul Sperber, Rose Ausländer, Paul Celan, Ilana Shmueli und Alfred Kittner. Winklers bisher publiziertes Werk wird hier, ergänzt um rund 150 Gedichte aus dem Nachlaß, erstmals in einem Band ediert.